Faszinierende Faszien – das unterschätzte Organ im Körper
- Jasmin Rastetter
- 18. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Faszien sind mehr als nur Bindegewebe – sie sind ein hochkomplexes, lebendiges Organ, das unseren gesamten Körper durchzieht. Diese weißlichen, festen Strukturen bilden ein dreidimensionales Netz, das Muskeln, Organe, Sehnen, Knochen und sogar das Gehirn umhüllt und miteinander verbindet. Sie halten alles an seinem Platz, übertragen Kräfte, schützen empfindliche Strukturen und ermöglichen geschmeidige Bewegungen.
Faszien befinden sich in verschiedenen Schichten im Körper: Direkt unter der Haut liegen die oberflächlichen Faszien, die für Elastizität und Gleitfähigkeit sorgen. Die tiefen Faszien umhüllen Muskeln und Gelenke, während sogenannte viszerale Faszien die inneren Organe umschließen und stabilisieren. Zusammengenommen machen sie bis zu 20 Kilogramm unseres Körpergewichts aus – und spielen dabei eine wesentlich größere Rolle, als lange angenommen wurde.
Die Aufgaben der Faszien sind vielfältig: Sie verleihen dem Körper Struktur und Spannkraft, verteilen Druckbelastungen gleichmäßig, übertragen Muskelkraft, dienen als Flüssigkeitsspeicher und sind gleichzeitig Teil unseres Immunsystems, indem sie Abfallstoffe und Lymphflüssigkeit ableiten. Außerdem sind sie stark mit dem Nervensystem verbunden.
Faszien enthalten mehr sensorische Nervenendigungen als Muskeln – sie „fühlen mit“ und senden Informationen über Bewegung, Schmerz, Druck und sogar emotionale Zustände an unser Gehirn.
Genau hier wird es spannend: Faszien reagieren nicht nur auf körperliche, sondern auch auf seelische Belastung. Dauerstress, Bewegungsmangel oder psychische Anspannung können dazu führen, dass Faszien verkleben, verhärten oder ihre Elastizität verlieren. Ein besonders wichtiger Akteur ist dabei der Sympathikus – der Teil unseres Nervensystems, der in Stresssituationen aktiviert wird. Er versetzt den Körper in Alarmbereitschaft („Kampf oder Flucht“) und führt zu Muskelanspannung.
Auch die Faszien werden in diesem Zustand steif, es wird mehr Kollagen produziert, der Flüssigkeitsaustausch verringert sich – die Folge: das Gewebe wird zäh, schmerzhaft und schlechter durchblutet.
Dies kann ein echter Teufelskreis werden: Verhärtete Faszien lösen Schmerzen aus, etwa im Rücken, in den Schultern oder Füßen. Durch die Schmerzen bewegen wir uns weniger – was wiederum die Faszien weiter verkleben lässt.
Typisch sind zum Beispiel sogenannte „unspezifische Rückenschmerzen“, bei denen kein Schaden an der Wirbelsäule nachweisbar ist, sondern die Ursache oft im Fasziengewebe liegt. Auch die bekannte Plantarfaszie, die an der Fußsohle verläuft, kann bei Überlastung oder Bewegungsmangel chronisch gereizt werden – es bildet sich Kalk, der Fersensporn entsteht.
Neben körperlichen Beschwerden sind auch seelische Auswirkungen spürbar. Studien zeigen, dass ein verhärtetes myofasziales Gewebe im Nacken- und oberen Rückenbereich mit depressiven Verstimmungen einhergehen kann. Faszien sind also auch ein emotionales Organ. Sie speichern Erfahrungen, Spannungen und Reize – und geben diese über das Nervensystem weiter.
Die gute Nachricht: Faszien lassen sich beeinflussen – und das auf ganz natürliche Weise. Regelmäßige Bewegung, gezieltes Faszientraining mit Rollen oder Bällen, Dehnübungen, tiefe Atmung, Massagen, Achtsamkeit und ausreichend Flüssigkeitszufuhr halten das Bindegewebe geschmeidig und funktionsfähig. Durch Druck, Bewegung und Dehnung wird „altes“ Gewebewasser aus den Faszien ausgepresst, frisches kann wieder einziehen – ähnlich wie bei einem Schwamm. Das erklärt auch das angenehme Wärmegefühl nach einer Faszienmassage.
Gleichzeitig wird der Stoffwechsel angeregt, das Lymphsystem aktiviert, Schmerzen nehmen ab und die Beweglichkeit kehrt zurück. Auch der Parasympathikus – der Gegenspieler des Stressnervs – wird aktiviert, wodurch sich Körper und Geist entspannen können.
Faszien sind also viel mehr als passives Füllmaterial. Sie sind ein hochintelligentes, dynamisches System, das auf unsere Lebensweise unmittelbar reagiert. Wer seine Faszien pflegt, investiert nicht nur in Beweglichkeit und Schmerzfreiheit, sondern auch in emotionales Wohlbefinden und innere Balance.
Sei achtsam mit Dir. Dein Körper wird es Dir danken!
Deine Jasmin
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